Pressetext
„Walls“ und „Peopled Walls“ oder welches Konzept hinter den Wänden von Fred Schneider steckt
Die Gemälde von Fred Schneider wirken auf den flüchtigen Betrachter wie bekritzelte Wände oder bemalte Mauern. Wie Wände, die man von deutschen Großstädten kennt. Eine anonyme Malerei reiht sich an die andere. Kein Wunder, die Malerei von Fred Schneider ist maßgeblich inspiriert von den Graffitis aus den 1980er und 1990er Jahren. Angefangen hat Fred Schneider als Graffiti-Künstler und hat sich dann der Streetart zugewandt. Nicht aber die „Stencils“, die Schablonentechniken der Streetartkünstler interessierten ihn, sondern die künstlerische Gestaltung durch frei gesprühte und gemalte Muster. Strukturen, bis hin zu fotorealistischen Abbildungen. Zusehends verschwanden seine Signaturen aus den Bildern an den Stadtmauern. Ganz typisch für diese Szene. Anonyme Umgestaltung des öffentlichen Raums.
Weben mit Farben und Schriftzeichen
Diese Einflüsse sind bei den abstrakten Arbeiten "Walls" und den aktuellen Arbeiten "Peopled Walls" zu sehen. Während sich bei den abstrakten Arbeiten "Walls" in Anlehnung an Marcel Duchamps "Ready Mades" die verschiedenen Ebenen noch aus Farben und vorgefundenen Materialien schichteten, sind die "Fremdmaterialien", die Plakatfetzen, nun völlig aus den Bildern der neuen Arbeiten "Peopled Walls" verschwunden. Statt dessen findet man klassische, figurative Malerei, die wie bei Plakatwänden übereinandergemalt, -geklebt, -geschichtet und - wie im richtigen Leben - großflächig wieder heruntergerissen wurden. Eine Verbindung zu den Abriss-Arbeiten von Mimmo Rotella ist dabei nicht zufällig. Tribal-Strukturen aus den Anfangszeiten von Fred Schneiders Graffitizeiten sind kunstvoll mit den Bildfetzen verwoben. So finden sich in den „Walls“ und in den "Peopled Walls" Fragmente aus der Streetart, aber bei den neuen Arbeiten auch malerische Komponenten, die, rückwärts gelesen, wiederunm Assoziationen zum Abstrakten Expressionismus wecken wollen. Was ist das Neue an den Arbeiten von Fred Schneider? In der Auseinandersetzung mit sich selbst, der Urbanität und Künstlern wie beispielsweise Cy Twombly, Per Kirkeby und Robert Rauschenberg hat Fred Schneider eine authentische „Malsprache“ gefunden. Die eben noch willkürlich erscheinenden Signaturen der Streetart werden übersetzt in klassische Malerei. Hier werden erdige Hintergründe in Grau- und Brauntönen mit zarten Farbnuancen und darüber liegenden Graffiti-Signaturen verschmolzen. Dort kämpfen graphische Strukturen aus schwarzen Schriftzeichen gegen malerische Flächen an, die in den Vordergrund drängen wollen. Bei den gezeigten Arbeiten reihen sich schwarze „Tags“ rhythmisch aneinander, vermischen und überlagern sich mit teils abstrakter, teils figurativer Malerei zu einem lockeren Gewebe. Die Arbeiten von Fred Schneider sind impulsiv, ein wahrer „Sinnesrausch“.
 
Aufbruch und Neugestaltung
Trotz ihrer Statik, die Wände – und auch Leinwände – von vornherein besitzen, wird die Gesamtheit der Oberfläche bewegt und belebt. Die „Walls“ von Fred Schneider sind im Wortsinn hintergründig und tiefsinnig. Weil sie die Komplexität des Lebens erst analysieren: Formen werden aufgebrochen, Einzelfragmente aus Malerei, Grafik und Graffiti zu einem neuen Ganzen zusammengefasst. Hierin liegt der schöpferische Akt.
Von Codes und Chiffren
Die „Walls“ von Fred Schneider verfügen über eine ungeheure archaische Kraft, so wie das urbane System des Lebens selbst. Und so werden die eigentlichen Themen von Fred Schneider durch zeichnerisch-malerische Chiffren beschrieben. Die Emotionen der Großstadt werden aufgedeckt und durch Codes entschlüsselt. Malerei wird zur Schrift. Schriftkunst wird zur Malkunst.
Statement eines Freundes
„Fred Schneider baut aus durchsichtigen Farbschichten Wände ineinander. Wir möchten durch sie hindurch gehen. Aber das Gefühl der Geborgenheit verändert sich an den Rändern. Plötzlich fallen wir aus der Welt, kehren zappelnd zurück. Wem es nicht gelingt, der schaut ins Leere. Die Absicht klingt nach Tönen, ganzen Orchestern, ab und zu mit einem verdeckten Paukenschlag. Es gibt kein Entrinnen mehr. Durch die unaufdringlichen Farben zucken gekratzte Schnüre und eckige Blitze. Das Gefühl nicht genormter Benennung breitet sich aus. Gäbe es noch verzinkte Wannen, in denen nacheinander die ganze Familie badet, bis auf dem Wasser eine Schicht aus Kernseife und lindem Schmutz entsteht, wären wir froh. So als würden wir Reinigung erst kennenlernen.“ (Günter Herburger)
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Pressetext
“Walls” or: What Concept stands behind Fred Schneider's Walls?
At first glance, Fred Schneider's paintings look like scribbled walls or painted masonry – like the ordinary graffiti-covered walls in German metropolises, where one anonymous street painting adjoins the next in long series. It's not surprising that Fred Schneider's paintings are substantially inspired by the graffiti of the 1980s and Nineties, because Fred Schneider began as a graffiti artist and then later turned his attention to street art. But he wasn't interested in stencils, i.e. the template techniques used by many other street artists. Instead, Schneider relied on freehand spray painting and painted patterns to produce his artistic designs. His spectrum of structures even included photorealistic representations. Schneider's signature soon disappeared from pictures on city walls. That's typical of the graffiti scene with its anonymous reconfiguration of public spaces.

Weaving with Colors and Graphic Characters
These influences appear in “Walls,” his latest artworks, where various layers of paint and found materials, in allusion to Marcel Duchamp's “Ready-Mades,” are layered one atop another. These strata are artfully interwoven with graphic characters, ornaments and scratches. Fragments from street art can thus be found in “Walls,” along with painterly components reminiscent of abstract expressionism. What's new about Fred Schneider's artworks? His encounter with himself, with urbanism, and with other artists such as Cy Twombly, Per Kirkeby and Robert Rauschenberg led Fred Schneider to articulate a genuine “painted vocabulary.” The signatures of street art, which seemed arbitrary until recently, are translated here into classical painting. Earthy backgrounds in gray and brown tones with delicate nuances of color fuse with the graffiti signatures that Schneider applies atop them, where graphic structures consisting of black ideographs battle with painterly planes that strive to force themselves into the foreground. Black “tags,” arranged in rhythmic series, intermix and overlay partly abstract and partly informal paintings to create a loose-knit plexus in the displayed artworks. Fred Schneider's work is impulsive, a veritable “sensual delirium.”
Departure and Redesign
Despite the inherent stasis of walls, screens and canvases, the totality of the surface is animated and lively. Fred Schneider's “Walls” are cryptic and profound because they analyze the complexity of life. Forms are broken open; individual fragments of painting, graphics and graffiti are compounded to produce a new whole: herein lies the creative act.
Of Codes and Ciphers
Fred Schneider's “Walls” are imbued with tremendous archaic power, as is the urban system of life itself. He thus uses sketched and painted ciphers to describe his essential themes. Schneider discloses the emotions of the metropolis and uses codes to decipher them. Painting becomes writing, and calligraphy becomes the art of painting.

Statement of a friend
„Fred Schneider uses translucent layers of paint to build intermeshing walls. We feel as though we could pass right through them. But this cozily secure feeling changes toward the edges. Suddenly we fall out of the world, and we return fidgeting. Those who fail to return, find themselves staring into the void. The intent sounds like tones, entire orchestras, sometimes with the muted beat of a kettledrum. Escape has become impossible. Scratched strings and angular bolts of lighting twitch through the restrained colors. The feeling of non-standardized designation spreads out. And if there still were galvanized bathtubs in which entire families immersed themselves, one family member after the other until a layer of curd soap and gentle dirt had formed, then we would be as happy as if we had only just became familiar with cleansing.“ (Günter Herburger, writer)
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